Die verlorene Zukunft

 

Das Leben Tims läuft eigentlich perfekt, wenn man einmal von der Tatsache absieht, dass er schwul ist und es als solcher schwer hat sich gegen Vorurteile zu behaupten. Seine Eltern und Freunde wissen zwar Bescheid, doch gerade sein Vater kann sich nur schwer damit abfinden, dass sein Sohn mit einem Mann zusammen ist. Doch Peter, Tims bester Freund ist an seiner Seite, hält zu ihm und gemeinsam meistern sie die Schwierigkeiten des Lebens.

Bis Tim von der Seuche Aids erfährt, die immer wieder als Schwulenseuche durch die Presse geht und sich entscheidet einen Aidstest zu machen. Er glaubt zwar nicht, dass er an Aids leidet, will jedoch unbedingt auf Nummer sicher gehen. Zu seinem großen Entsetzen ist das Ergebnis des Tests positiv und für Tim bricht eine Welt zusammen. Obgleich das Paar versucht das Leben so weiter zu führen wie bisher und sich nicht unterkriegen lassen will, erschwert Tims Krankheit die Beziehung. Immer öfters wird Tim krank und auch ein gemeinsamer Urlaub wird zur Höllentour, als Tim Fieber bekommt und es kaum Möglichkeiten gibt, Tim ordentlich behandeln zu lassen. Sogar aus dem Hotel werden sie verwiesen, als das Personal erfährt, dass Tim Aids hat.

Zudem wird Peter das Angebot gemacht drei Monate in New York zu arbeiten und somit seine Karriere gewaltig voran zu treiben. Nach etlichen Gesprächen entscheidet sich Peter dafür das Angebot anzunehmen und reist nach New York. Tim bleibt zurück und verliert sich in seiner Einsamkeit. Er erzählt seiner Familie und seinen Freunden, dass er Aids hat und zu seiner großen Überraschung wird diese Nachricht in seinem Freundeskreis nicht so negativ aufgefasst, wie angenommen. Dennoch gelingt es Tim nicht sich mit der Krankheit abzufinden und seine Angst vor dem Tod gewinnt immer mehr die Überhand
Zudem vermisst er Peter, nimmt sich aber vor tapfer zu bleiben und auf dessen Rückkehr zu warten. Doch dann erzählt ihm sein Freund, dass sein Aufenthalt in New York verlängert wird. Tim verliert endgültig den Boden unter den Füßen.

Vollkommen verzweifelt beschließt Tim nicht mehr daheim zu bleiben und sich von seinen Gedanken erdrücken zu lassen. Er geht aus und trifft in einer Bar auf Ulli, mit dem er auch die Nacht verbringen will. Doch als er bei diesem eine Zeitung über Aids sieht, flieht er aus der Wohnung. Erst ein paar Tage später trifft er Ulli wieder und erzählt ihm alles. Diese Bekanntschaft ändert sein Leben, denn Ulli bleibt bei Tim und möchte ihm in dieser schweren Zeit beistehen, im Gegensatz zu Peter, der mit der Krankheit Tims nicht klar kam. Tim lernt durch Ulli nicht nur andere Betroffene kennen und kommt endlich mit sich selbst ins Reine, er findet auch ein neues Ziel im Leben- ein Theaterstück über Aids…


„Die verlorene Zukunft“ erschien bereits 1992 im Carlsen Verlag und stammt von Jón S. Jónsson, Andreas C. Knigge und Annie Goetzinger. Die Geschichte ist für die damaligen Verhältnisse sehr aktuell und dementsprechend in einigen Punkten nicht ganz mit dem momentanen medizinischen Wissenstand einhergehend. Besonders da die Geschichte selbst in den 80er Jahren spielen dürfte. 
Insgesamt ist die Handlung sehr sensibel und gefühlvoll erzählt. Es wird genau beleuchtet, wie sich Tim fühlt, was seine Gedanken und Ängste sind und wie schwer es für einen Schwulen damals war, in der Gesellschaft einen Platz zu finden. In der heutigen Zeit ist das alles ja wesentlich offener und alltäglicher geworden, doch „Die verlorene Zukunft“ bietet einen guten Einblick in eine Zeit, in der Homosexualität noch alles andere als Normalität war. Hauptthema ist natürlich nach wie vor Aids und die Konsequenzen, die diese Krankheit mit sich bringt. Schön ist auch, dass beleuchtet wird, wie unterschiedlich die einzelnen Protagonisten mit dem Thema umgehen. Jeder verhält sich anders und es zeigt sich erst im Laufe der Zeit, wer innerlich stark und gefestigt ist und wer nicht. Besonders Tim macht eine unglaubliche Entwicklung durch, besonders nachdem er Ulli kennengelernt hat.

Die Zeichnungen sind schön und realistisch, allerdings fehlt ihnen ein wenig die Tiefe. Schatten sind kaum gesetzt, der flächige Farbauftrag lässt die Panele öfters ein wenig zweidimensional wirken. Dennoch hat die Künstlerin einen sehr sicheren, klaren Stil und ist sehr sicher in dem was sie tut. Besonders die Hintergründe sind schön geworden und detailliert. 


Insgesamt ist der Comic „Die verlorene Zukunft“ ein sehr schönes, ernstes und realistisches Werk, dass sich sehr einfühlsam mit dem Thema Liebe und Aids beschäftigt. Wer realistische Comics mag und sich gerne außerhalb der Mangaschiene Werke ansehen möchte, ist nicht schlecht beraten. Der Comic ist aufgrund seines Alters zwar nur noch gebraucht zu bekommen, doch die Preise halten sich in Grenzen. Zu empfehlen.

 

Titel:

Die verlorene Zukunft

Zeichner/ Autor:

Jón S. Jónsson/ Andreas C. Knigge/ Annie Goetzinger

Genre:

Aids/ Drama

Verlag:

Carlsen Comics, 1992

Preis:

vergriffen (gebraucht ab 1,- EUR)

ISBN:

978-3551722751

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Bildcopyright:
Die im Zusammenhang mit diesem Artikel verwendeten Bilder und Coverscans unterliegen dem Copyright von Carlsen Comics, Jón S. Jónsson/ Andreas C. Knigge/ Annie Goetzinger