Vier Minuten

 

Der Film "Vier Minuten" aus dem Jahr 2006 bekam zunächst keine positiven Kritiken. Erst nachdem der Streifen 2006 auf dem Internationalen Filmfestival Shanghai gezeigt und als bester Film ausgezeichnet wurde, begann "Vier Minuten" von Chris Kraus einen wahren Siegeszug, der etliche Nominierungen und insgesamt 46 internationale Auszeichnungen nach sich zog.


Die zurückgezogen lebende, egozentrische Traude Krüger gibt seit vielen Jahrzehnten Klavierunterricht im Frauengefängnis Luckau. Dort begegnet sie der unheimlich begabten, aber auch unberechenbaren und zerstörerischen Jenny. Die 20-Jährige wurde wegen Mordes verurteilt und hat sich nicht nur selbst aufgegeben, sie schert sich wenig um Regeln und hat dementsprechend wenig Kontakt zu anderen Gefangenen. Nichtsdestotrotz ist Jenny eines- unheimlich begabt und war als Kind ein musikalisches Genie.
Traude ist sich sicher, dieses Talent unterrichten zu wollen- und bietet Jenny daher ihre Hilfe an. Dafür soll Jenny an dem Nachwuchswettbewerb "Jugend musiziert" teilnehmen und diesen für sich entscheiden. Jenny nimmt dieses Angebot an, hat jedoch von Anfang an wenig Interesse an dem Wettbewerb. Zu Beginn ist sie nicht einmal wirklich am Klavierspielen selbst interessiert, insbesondere da sowohl die Wärter, als auch die Mitgefangenen ein Auge auf sie geworfen haben.
Jennys ungestüme, aggressive Natur bringt sie mehr als einmal in Schwierigkeiten. Dabei schlägt sie nicht nur einen der Wärter krankenhausreif, sie greift auch immer wieder andere Frauen an. Keiner scheint sie wirklich kontrollieren zu können, doch Traude will es sich nicht entgehen lassen ein solches Talent zu fördern. Dabei ist die resolute, alte Dame keineswegs an Jennys Vergangenheit, ihren Gefühlen oder eine Beziehung interessiert. Sie sucht vielmehr nach einer Möglichkeit sich über Jenny neu zu definieren, beziehungsweise sich selbst den Beweis zu erbringen, im Leben etwas erreicht zu haben. Jenny als Mensch interessiert die extrem strenge Traude nur wenig.


Erst nach und nach nähern sich die beiden unterschiedlichen Frauen einander an. Besonders Jenny beginnt langsam Vertrauen zu Traude aufzubauen, ein Umstand den die alte Dame vollkommen aus der Fassung bringt. Stück für Stück erfährt Traude, was Jenny wirklich alles wiederfahren ist und muss erkennen, dass vieles in Jennys Leben von Grund auf schief gegangen ist. Dennoch fällt es ihr schwer über ihren Schatten zu springen und Jenny ihre Hilfe oder einfach nur ihre Hand anzubieten. Denn Traudes Vergangenheit, insbesondere ihre Arbeit als Krankenschwester im zweiten Weltkrieg, birgt ein Geheimnis, dass sie nur zu gerne verstecken möchten...


Gleichzeitig überwindet Jenny die letzte Hürde und erreicht das Finale des Wettbewerbes. Doch die Teilnahme wird zu einem Spießrutenlauf, der Traude alles abverlangt und die beiden Frauen endgültig zusammenschweißt...


"Vier Minuten" ist ein extrem emotionaler, sehr starker und dramatischer Film. Er lebt vollkommen durch die fantastischen schauspielerischen Leistungen von Monica Bleibtreu (Traude) und der bis dahin vollkommen unbekannten Hannah Herzsprung (Jenny). Die Geschichte ist komplett auf die Traumata und Vergangenheiten der Charaktere aufgebaut, die dementsprechend stark in Szene treten. Besonders Hannah Herzsprung gelingt es die aggressive und verlorene Jenny darzustellen. Die Tatsache, dass die junge Schauspielerin das letzte Klavierstück des Filmes komplett alleine gespielt zu haben (und sie konnte im Vorfeld kaum Klavier spielen), ist absolut überwältigend. Doch auch Monica Bleibtreu überzeugt als extrem herrische und strenge Traude, die über den Verlust ihrer Liebe im zweiten Weltkrieg nicht hinwegkommt. Die Tatsache, dass sie eine Frau geliebt hat, erschwert diesen Umstand noch.
Die Geschichte ist daher vollkommen auf die dramatische Handlung zugeschnitten und in wenigen Worten zusammengefasst. "Vier Minuten" ist vielmehr das Portrait zweier Frauen, die beide keinen Platz mehr in der momentanen Gesellschaft haben; zwei verlorene Seelen, die um eine Daseinsberechtigung kämpfen. Dass sie sich dabei aufeinander zu bewegen müssen, ist das zentrale Thema des Films.
Die Musik ist fantastisch, insbesondere das letzte Stück, was wirklich perfekt zu dem Charakter der Jenny passt.


Insgesamt ist "Vier Minuten" einer der besten deutschen Filme, die ich bis dahin gesehen habe. Er besticht durch tiefgründige Charaktere, eine ungewöhnliche Freundschaft und eine gute Portion Drama. Teilweise sind die Traumata der beiden Protagonisten ein wenig dick aufgetragen, doch es passt gut zu dem recht farblos wirkenden Film, der auf den Einsatz starker, bunter Farben verzichtet.

 

Wer dramatische Geschichten, Charakterportraits und stark emotionale Filme mag, sollte sich "Vier Minuten" nicht entgehen lassen. Sehr zu empfehlen...

 

Titel:

Vier Minuten

Produktionsjahr:

2006

Land:

Deutschland

Genre:

Drama

Dauer:

111 Minuten

Schauspieler:

Monica Bleibtreu, Hannah Herzsprung, Richy Müller 

Regie:

Chris Kraus 

Preis:

11,95 Euro

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Chris Kraus.