Der Klub der Ungeliebten

Adam und seine Cousine Coralie könnten unterschiedlicher nicht sein. Während der junge Philosophiestudent ein Träumer ist und sich in einen namenlosen Fremden verliebt, bricht Coralie ein Herz nach dem anderen und schert sich kaum um die Gefühle der Männer, mit denen sie sich in kurze Affären stürzt. Trotz aller Unterschiede halten die beiden zusammen wie Pech und Schwefel. Als sie sich mit der alten, skurrilen und zerbrechlichen Madame Porzellan anfreunden, die direkt über ihnen wohnt und deren größte Angst das Vergessen ist, finden sie eine Seelenverwandte. Gemeinsam gründen sie den Klub der Ungeliebten, und begeben sich, jeder für sich, auf die Suche nach einem festen Platz im Leben.

Während Adam seinen Traummann anspricht und näher kennenlernt; erlebt auch Coralie, was es heißt sich zu verlieben und jemandem zu vertrauen. Doch sie wenigen Tage des Glücks sind trügerisch, zumal Madame Porzellans Erinnerungen nach und nach verblassen und ihr Alter immer mehr Probleme mit sich
bringt …

Mit Dennis Stephans Debütroman „Der Klub der Ungeliebten“ legt der Incubus Verlag ein unerwartet poetisches, belletristisches Werk vor, das nahezu nichts mit den bisherigen Veröffentlichungen des jungen Verlages gemein hat. Dies ist jedoch nicht negativ zu bewerten, da das Buch das Verlagsprogramm ungemein aufwertet und in eine gänzlich neue Richtung treibt, die zeigt, wie vielseitig der Incubus Verlag ist.

Die Geschichte um Adam und Coralie wird in wechselnden Perspektiven und mit etlichen Rückblenden erzählt, so dass der Leser die Hintergründe erst nach und nach präsentiert bekommt. Dementsprechend lange dauert es, bis man die Hauptfiguren wirklich greifen kann, insbesondere Coralie mit ihrer egoistischen und abgebrühten Art, wird erst auf den letzten Seiten wirklich nachvollziehbar, wenngleich man sie nicht unbedingt ins Herz schließen kann.
Dennis Stephan schickt seine Figuren jedoch nicht nur auf einen Gefühlstrip und die Suche nach der Liebe, in der nach und nach die Vergangenheit von Coralie und Adam offenbart werden und erklärt wird, wie sie zu dem geworden sind, was sie sind. Stattdessen bietet der Autor mehr – er regt zum Nachdenken und Philosophieren an, und nimmt den Leser mit auf eine Reise, bei der die Grenzen zwischen Realität und Fantasie verwischen, ohne dass man den Roman wirklich als fantastisches Werk bezeichnen kann. Das liegt vor allem an Adams Sicht auf die Ereignisse, seine teils verträumte, teils bodenständige Art, die ihn angenehm aus der breiten Masse hervorhebt. Auch Madame Porzellan, die stets einen Hauch des Mysteriösen und Ungreifbaren ausstrahlt, trägt zu diesem irrealen, sehr ätherischen Bild bei. Lediglich Coralie, die manchmal wie ein dunkles Spiegelbild Adams wirkt, scheint mit beiden Beinen im Leben zu stehen, ist weder romantisch veranlagt, noch kann sie Adams leicht kitschige Traumwelten nachvollziehen. Zusammen ergänzen sich die drei Protagonisten und bilden eine sehr intensive, tiefgründige und stimmungsvolle Sicht auf das Leben dreier Personen, die jeder für sich eine Außenseiterposition einnehmen.

Neben den lebendigen Charakteren und der ungewöhnlichen Erzählstruktur, ist Dennis Stephans Stil ein großer Pluspunkt. Der Autor hat eine solch poetische, bildgewaltige Sprache, dass es schwer fällt das Buch aus der Hand zu legen. Bereits nach wenigen Seiten ist man im Geschehen, lernt die Protagonisten hautnah kennen und entdeckt nach und nach die Hintergründe und Schlüsselereignisse, die dem Roman erst ihren Tiefgang verleihen.
Teilweise spielt der Autor mit den Worten, bemüht sich um eine bildgewaltige, verspielte Sprache, die die Großstadt, in der Adam, Coralie und Madame Porzellan wohnen, in all ihren Facetten zum Leben erweckt. Teilweise verliert sich der Autor fast in den Beschreibungen, den kleinen Details und den vielen Andeutungen, doch er behält stets seinen roten Faden im Blick, setzt nach und nach vor den Augen des Lesers das Puzzle zu einem Gesamtbild zusammen.

Ein weiterer Punkt, auf den man sich unbedingt vorab einstellen sollte: „Der Klub der Ungeliebten“ ist kein klassischer schwuler Roman. Sicherlich, Adam ist schwul, doch das Buch einfach nur als Vertreter des Gay Genres abzutun, wird dem Roman einfach nicht gerecht. Es ist ein belletristisches Werk, in dem eher die Suche nach einem Platz im Leben, das gemeinsame Miteinander und die unterschiedlichen Arten von Liebe im Mittelpunkt stehen. Von der Warte her, sei das Buch auch Lesern ans Herz gelegt, die mit schwuler Literatur nichts anfangen können, und solchen, die bereits die Werke von Autoren wie E.M. Foster, Alain Claude Sulzer und Hermann Hesse mögen.

„Der Klub der Ungeliebten“ ist ein wundervolles, stilistisch ungewöhnliches und anspruchsvolles Werk, das weit mehr bietet, als die gängige schwule Literatur. Dennis Stephan ist ein zeitlos schönes Debüt gelungen, das durch eine sehr schöne Sprache, interessante und tiefgründige Charaktere und einen ungewöhnlichen Handlungsverlauf besticht. Dass nicht alle offenen Fragen ein Ende finden, stört nicht, da der Autor die seinen roten Faden konsequent zu Ende verfolgt und ein beeindruckendes Werk vorlegt, das uneingeschränkt empfehlenswert ist. Man darf gespannt sein, welche Romane der Autor als nächstes in petto hat – ich bin jedenfalls gespannt auf mehr.

"Like a Dream" bedankt sich beim Incubus Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars.

Titel:

Der Klub der Ungeliebten
Autor: Dennis Stephan
Genre: Alltag, Drama
Verlag: Incubus Verlag, 2013
Preis: 8,95 Euro
ISBN: 978-3981594843
Bestellen: Amazon

 

Bildcopyright:
Die im Zusammenhang mit diesem Artikel verwendeten Bilder und Coverscans unterliegen dem Copyright vom Incubus Verlag