Die Geliebte der Wölfin (Gastrezension: Tanja Meurer) 

Lady Gwendolyn, Herzogin von Yorkley, fühlt sich in der Obhut ihres Zwillingsbruders Benjamin und dessen Ehefrau nicht wohl. Das Paar will sie mit Lord Snark dem Scherif von Notingham, verheiraten. Um diesem Schicksal zu entgehen, flüchtet sich die schöne Gwen zurück auf ihren Landsitz. Auf der nächtlichen Kutschfahrt lauern ihr Straßenräuber auf. Ein Ritter eilt ihr zu Hilfe. Nachdem der schwarz gerüstete Recke die Angreifer niedergemäht hat, erkennt die Lady ihren Irrtum. Der vermeintliche Mann ist eine hochgewachsene, sehr maskuline Frau, die sich Gwen als Cassey, Sir Blaidd vorstellt.
Angetan von der faszinierenden Dame in Rüstung, möchte Gwen Casey gerne öfter sehen. Dank der Intriegen und Morde, die rund um die junge Lady geschehen, werden Gwen und Casey eng zusammen geschweist.
Obwohl sich die beiden Frauen in einander verlieben, ist es ihnen nur möglich einige, wenige Stunden miteinander zu verbringen. Doch das Paar verbringt seine Zeit nutzbringend. Casey, die in Anglia als Verräterin an ihrer Königin (von Caladon) gilt und auch wenige Freunde unter den Anhängern des Königs findet, erzählt ihrer Geliebten von einer Verschwörung zwischen fünf hochrangigen Adeligen und Würdenträgern, die mit Hilfe ihrer unwissenden Vasallen einen Krieg provozieren wollen, indem sie ein Attentat auf die Königin und ihre Tochter planen. Allerdings steckt dahinter weitaus mehr. Das Blut der jungfräulichen Prinzessin soll den Abschluss eines furchtbaren magischen Ritus bilden, mit dem jene fünf Verschwörer die Hölle selbst auf die Welt herabzurufen gedenken. Casey, die eine Abgesandte der Königin ist, ihre persönliche Agentin, soll dieses Unglück verhindern. Gwen verspricht ihr zu helfen, indem sie für Casey ihr Umfeld, insbesondere Lord Snark und einige seiner Vasallen, ausspioniert. Dabei nimmt sie keine Rücksicht auf ihre eigene Sicherheit. Trotz der Hilfe vieler Verbündeter gerät Gwen in tödliche Gefahr, als sie realisiert, dass nicht nur Prinzessin Rachel geopfert werden soll …

 

Der Roman „Die Geliebte der Wölfin“ ist ein komplexer, wenig historiengetreuer, aber sehr solieder Fantasy-Roman, der in Britanien zur Blütezeit des Mittelalters angesiedelt ist. Die Handlung ist auschweifend umfassend und faszinierend.
Obwohl man eher das typische Hollywood-Mittelalter vor Augen hat, ist man nur zu gerne bereit, die Ritterin Casey als vollwertigen Held der Geschichte zu akzeptieren. Sie ist ein Mensch ohne Schnörkel und Umwege. Wenn Casey handelt, so tut sie das rational und kühl. Emotionalität stellt sie, trotz ihrer verzehrenden Liebe zu Gwen vollkommen in den Hintergrund. Obwohl sie kaum beschrieben wird, hat man ein klares Bild von ihr vor Augen. Sie ist kein Parcival oder Tristan, sondern ein mittelalterlicher Mann im Körper einer Frau. Gwen hingegen möchte viel ausrichten, doch ihr sind zumeist durch Gesellschaft und Familie die Hände gebunden. Die junge Lady ist eine mutige, dickköpfige Frau, die nur auf ihre Chance auf den richtigen Platz im Leben lauert. Als die Aufgabe Casey zu helfen ihr diese Möglichkeit gibt, wächst Gwen in allen Punkten über sich selbst hinaus.
Auch wenn die anderen Akteure weniger deutlich beleuchtet werden, schließt man die raubeinige Schmiedin Donna genau so ins Herz, wie die knabenhafte Prinzessin Rachel.
Oft begleiten die Männer die Rollen der Antagonisten, doch auch hier gibt es viele sehr sympatische Exemplare der Gattung Mann. Donnas Lehrling Timminy, dergerade mit den Folgen seines Stimmbruchs kämpft, Caseys Cousin Tam, der wie Donna ein Schmied ist (allerdings ein schottischer), Hauptmann Arnaud, der die Garde um Lord Snark befehligt und der dickleibige, schlitzohrige Olwin (der Blaue).
Leider sind viele Punkte in der komplexen Handlung zu kurz gefasst. Viele Kapitel rasen voran, was das Lesen erschwert.
Andererseits ist es positiv, dass die Sexszenen des Buches nicht endlos lang ausgewalzt werden und die rasche, vielschichtige Handlung im Vordergund steht.
Weniger schön ist die Tatsache, dass Gwens „üppige“ Oberweite die Tendenz hat, alle Ritt lang aus ihrem Dekolté zu hüpfen oder zu platzen. Gwen, deren Neugier und Abenteuerlust sie schon als Kind beseelt haben musste, kennt sich überdies in diversen Geheimgängen alter Burgen, Schlösser und Kastelle im Umkreis bestens aus (manchmal etwas zu gut).
Trotz allem ist das Buch durchaus lesenswert. Zwischen den Zeilen verbirgt sich ein wenig Ritterromatik, gemischt mit Hollywood, der Magie der alten Robin Hood Serie (Robin of Sherwood) und dem Rauchduft auf Mittelaltermärkten.

 

Leider findet man, sollte man nach weitern Büchern von Diana Lee suchen, nichts über die Autorin. Der Elles-Verlag hat auch keinerlei anderen Ritter- oder Historienromane, geschweige Fantasy. Beachtet werden sollte aber, dass die Übersetzerin des Buches kein unbeschriebenes Blatt ist.
Anja Hansen-Schmidt gehört zu den führenden Übersetzern der deutschen Jugendbuch-Szene. Sie arbeitet für ARENA, Beltz und Random House. Unter anderem sind die „Warrior Cats“-Übersetzungen von ihr. Aber auch viele der gänigen Liebesromane für Mädchen ab 14 und Jugendthriller werden von ihr übersetzt.

 

Titel:

Die Geliebte der Wölfin
Autor: Diana Lee
Genre: Fantasy, History
Verlag: Konkursbuch Verlag, 1998
Preis: vergriffen, gebraucht ab 5,- EUR
ISBN: 978-3887696061
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