interview...

 

 

You Higuri war bereits mehrere Mal auf deutschen Convention zu Gast. Auf der Connichi 2010 stand die Künstlerin neben den Autogrammstunden, noch für einen Workshop (an dem nur die Gewinner eines Wettbewerbes teilnehmen konnten) und eine Fragerunde zur Verfügung.

Trotz des vollen Terminplanes durften die Seiten "Like a Dream" und "Rose Petals of Time" ein längeres und sehr informatives Interview führen, was viel Einblicke in das Leben Higuris bietet. 

 

An dieser Stelle möchte ich mich herzlich bei der Leitung der Connichi für die Möglichkeit des Interviews und den netten Kontakt bedanken und der lieben und kompetenten Übersetzerin. Zu guter Letzt danke ich You Higuri und ihrer Assistentin Spray für die Geduld und nette Atmosphäre.

 

Seit wie vielen Jahren zeichnen Sie?
Mit 17 Jahren, als ich noch Schülerin war, habe ich die ersten Doujinshis gezeichnet, das war vor ungefähr 25 Jahren.

Was für ein Gefühl war es, das allererste Werk gedruckt in den Händen zu halten?
Ich war sehr aufgeregt, als ich es von der Druckerei abgeholt habe. Ich habe nicht einmal gemerkt, wie schwer das Paket war, so glücklich war ich.

Selbst heute zeichnen Sie noch Doujinshis. Was ist der Reiz daran selbst jetzt noch Fancomics zu produzieren? Planen Sie irgendwann damit aufzuhören?
Ich mag die Doujinshievents sehr, da habe ich immer sehr viel Spaß und um dort einen Stand zu erhalten, braucht man eben Doujinshis. Zudem ist es schön auf diesem Weg zu seinen Fans Kontakt zu halten.

Was sind Ihre Lieblingsgenre außerhalb der historischen Richtung? Gibt es etwas, was Sie gerne einmal zeichnen möchten?
Ich mag einfach historische Themen und die Geschichte allgemein. Momentan würde ich mich gerne historischen Epochen widmen, die ich bisher nicht kenne oder noch nicht verwirklicht habe.

Welche historische Persönlichkeit oder Geschichte würden Sie gerne einmal in einen Manga umsetzen?
Meine historischen Lieblingspersonen habe ich bereits realisieren können: LudwigII und Cesare Borgia. Danach habe ich mich eher nach neueren Kulturen umgeschaut und bin dabei auf das alte Babylon gestoßen und den mythischen König Gilgamesh. Beides interessiert mich sehr und deswegen startete vor kurzem die Serie „Lion of Babylon“.

Ist „Lion of Babylon“ als längere Serie geplant, oder handelt es sich eher um einen Einzelband oder Oneshot?
Die Serie läuft bereits in Japan und bisher sind 3 Kapitel fertig gezeichnet. Allerdings wird es eine Weile dauern bis ein Mangaband erscheint, da das Magazin nur vierteljährlich erscheint.

Wie sieht es mit „Gorgeous Carat“ aus? Die neue Serie „La Esperanza“ ist bereits abgeschlossen, wann ist mit einem Mangaband zu rechnen?
Leider weiß ich noch nicht genau, wann die beiden Bände der Spanien- Arc erscheinen sollen. Ich rechne damit, dass es innerhalb des nächsten halben Jahres soweit sein wird. Es soll dann allerdings weltweit zur selben Zeit in die Läden kommen.
Momentan arbeite ich an einer Südfrankreich- Arc, jedoch weiß ich hierbei nicht, wann das erscheinen soll.


Sie waren ja schon öfters in Deutschland. Können Sie sich vorstellen weitere Mangas hier anzusiedeln?
Es gibt durchaus weitere Themen, die mich reizen würden, jedoch handelt es sich hierbei um eine heikle Angelegenheit, da diese im dritten Reich spielen würden. Ich finde zum Beispiel Eva Braun sehr interessant. Dafür müsste ich nur sehr viel recherchieren, damit es historisch korrekt ist und wahrscheinlich würde dieser Manga nicht seinen Weg nach Deutschland finden… leider.

Etliche Ihrer Werke sind eindeutig im Boys Love Bereich anzusiedeln. Sie gehen zwar nie in die extrem erotische Richtung, doch was genau reizt so sehr an diesem Genre?
Ich möchte vorwiegend gutaussehende Männer zeichnen, weil mir das am meisten liegt. Es ist mir egal, ob es historische Werke sind, oder Frauen die Hauptrolle spielen, solange genug männliche Protagonisten vorhanden sind.

Gibt es Unterschiede zwischen den Boys Love Fans hinblicklich ihrer Herkunft? Sind japanische Fans anders als deutsche?
Ich finde, die Fans sind überall gleich. Dabei ist es egal ob sie aus Japan, Amerika oder Deutschland kommen und unterschiedliche Sprachen sprechen – die Gefühle und Reaktion sind immer dieselben.

Wie sieht das mit Ihren Freund und der Familie aus? Wissen sie, dass Sie im Boys Love Bereich arbeiten?
Natürlich wissen sie es.

Und was halten sie davon? Wie sind die Reaktionen?
Hm… was sollen die schon sagen? Immerhin ist das ja ein Teil meiner Arbeit.


Wie sieht das im Hinblick auf der Fanszene aus (Fanart, Fanfics, Cosplay)? Wie stehen Sie diesen Sachen gegenüber?
Ich lese sehr gerne Doujinshis und Geschichten von Fans. Eine meiner Assistentin hat einige Doujinshis zu „Gakuen Heaven“ gezeichnet und ist ebenfalls die Produzentin des Spiels (Spray).


Gibt es zu Ihren anderen Werken (z. Bsp. "Gorgeous Carat" oder "Cantarella") Doujinshis/ Fanproduktionen?
In Japan gibt es keine, jedoch habe ich im Ausland hin und wieder Sachen von Fans gesehen.


Kommen wir zu Ihrer Arbeit als Zeichnerin. Wie lange brauchen Sie im Durchschnitt für eine Mangaseite/ eine Illustration?
Ein Mangaband hat immer rund 120 Seiten. Zumeist brauche ich für ein Kapitel (32 Seiten Umfang) 10 Tage. Die reine Vorbereitungszeit umfasst noch mal 3-7 Tage. Für Farbillustrationen ist das unterschiedlich. Rein von den Personen her, brauche ich zumeist 3 Stunden, die Hintergründe werden meistens von meinen Assistenten gemacht und dauern mitunter bis zu 7 Stunden.


Ist Ihnen beim Tuschen einer Seite schon einmal solch ein großer Fehler unterlaufen, dass Sie noch einmal von vorne beginnen mussten?
Früher ja, da ist mir das leider immer wieder passiert. Heute zum Glück nicht mehr.


Wie denken Sie sich Ihre Charaktere aus? Wie entwickeln Sie sie?
Zunächst denke ich mir die Geschichte aus, dann entsehen Stück für Stück die Charaktere.

Viele Mangaka haben feste Assistenten, teilweise Jahre oder Jahrzehnte lang. Wie sieht es da bei Ihnen aus?
Das ist ganz unterschiedlich. Ich habe zum Beispiel eine Assistentin, die mich schon seit dem Studium, als seit ungefähr 20 Jahren unterstützt. Es gibt aber auch Leute, die manchmal nur einen Tag kommen. Dementsprechend herrscht dahingehend eine hohe Fluktuation.

Bereden Sie manchmal mit Ihren Assistenten die Weiterentwicklung einer Geschichte?
Das kommt ab und zu mal vor, aber vorwiegend entscheide ich selbst, wie es weitergehen soll. Manchmal laufe ich barfuss ums Haus, um darüber nachzudenken.

Gibt es von Ihren Assistenten, welche die bereits fest als Mangakas arbeiten, sprich über Sie den Sprung zum professionellen Mangaka geschafft haben?
Es gibt durchaus einige, die unterdessen als Mangaka arbeiten. Wenn bei Ihnen jedoch wenige Aufträge seitens der Verlage vorliegen, kommen sie immer wieder zu mir zurück und überbrücken die Zeit, bis sie wieder mehr zu tun haben.

Wie war das bei Ihnen? Haben Sie jemals als Assistent gearbeitet?
Nein, ich habe nie als Assistentin gearbeitet. Ich bin direkt ins Mangageschäft eingestiegen. Darüber bin ich auch sehr glücklich.


Wie wurden Sie damals entdeckt? Haben Sie sich beworben oder geschah das aufgrund der Doujinshis?
Damals bewarb sich eine Freundin bei einem kleinen Verlag als Illustrator für Romane und ich wollte es ebenfalls versuchen. Der Verlag fragte mich daraufhin, ob ich nicht Lust hätte einen Manga für ein neues Magazin zu zeichnen. Ich habe zugesagt und daraufhin erschien mein erster Manga bei dem kleinen Verlag. Als der erste Mangaband herauskam, entdeckte mich dann der große Kadokawa Verlag und fragte mich, ob ich nicht für sie arbeiten möchte. Ich habe zugestimmt und dort weitere Mangas veröffentlicht.


Was haben Sie studiert? War es schon immer Ihr Traum Mangaka zu werden?
Ich habe Visual Design studiert und während meines Abschlusses einige Doujinshi als Abschlussarbeit gezeichnet. Doch schon seit ich ein kleines Kind war, wollte ich unbedingt Mangaka werden.


Bereuen Sie ihren Entschluss?
Früher habe ich es ein wenig bereut, da ich nicht soviel mit Freunden unternehmen konnte und dadurch viel verpasst habe.


Wer sind Ihre Idole und Vorbilder?
Ich habe viele Vorbilder gehabt, allen voran Osamu Tezuka.


Und welche Filme und Mangas mögen Sie?
Ich mag alte europäische Filme aus den 70er Jahren oder schwarz/weiß- Streifen sehr gerne. An Mangas mag ich sehr viel, da kann ich mich gar nicht festlegen.


Wie sieht bei Ihnen der Tagesablauf im Normalfall aus?
Ich stehe zumeist gegen 10 Uhr auf, mache ein wenig Sport und beginne gegen 11 Uhr mit dem zeichnen. Bis auf kleinen Spaziergänge oder dem Essen arbeite ich bis 23 Uhr durch und trinke danach gerne ein bisschen was mit meinen Assistenten.


Wie die meisten Mangaka, oder?
(lacht) Ja, aber es gibt auch viele, die vertragen keinen Alkohol.


Wie sieht das mit Urlaub und Freizeit aus? Ist eine Reise in ein anderes Land zumeist mit Recherche verbunden, oder gibt es auch mal wirklichen Urlaub zum entspannen?
Ich finde es gut, wenn das zusammenpasst; ich mich gleichzeitig erholen und eine Recherchereise machen kann. Manchmal fahre ich jedoch auch auf gut Glück los und lasse mich dann inspirieren. Bei einer dieser Reisen entstand die neue Idee für „Gorgeous Carat“ und der Südfrankreich- Arc. Da habe ich mich in Marseille inspirieren lassen und dort ein wenig recherchiert, obwohl das nicht geplant war.


Was ist das Verrückteste, was Ihnen jemals mit Fans passiert ist?
In Japan gab es auf der Comiket mal einen Jungen, der für mich Plätzchen gebacken hat... ganz einfache Schokoplätzchen.

Vielen Dank für das informative und offene Gespräch.

 

Zeichnungen (c) You Higuri

Photos (c) Juliane Seidel, 2010